Harninkontinenz des Mannes nach Operationen an der Prostata

Eine Harninkontinenz tritt beim Mann meistens nach einer Radikalen Prostatektomie wegen Prostatakrebs  oder nach einer Radikalen Zystektomie mit Ileumneoblase (Blasenentfernung mit Dünndarm-Ersatzblase) wegen Blasenkrebs auf. Auch nach einer "Aushobelung" der Prostata (transurethrale Resektion, TUR-P) kann eine bleibende Inkontinenz auftreten, dies ist allerdings eher die Ausnahme.

 

Bringen konservative Maßnahmen mit Physiotherapie nicht den erhofften Erfolg, stehen inzwischen zahlreiche Operationsverfahren zur Lösung dieses Problems zur Verfügung. Sämtliche Eingriffe erfolgen über den Dammbereich, also über einen Schnitt zwischen Hodensack und Anus. Grob lassen sich diese Verfahren in drei Gruppen einteilen:

Rekonstruktive Verfahren

Das Ziel eines rekonstruktiven Operationsverfahrens bei Belastungsinkontinenz ist es, dem körpereigenen Blasenschließmuskel seine ursprüngliche Funktion wiederzugeben. Das derzeit einzige am Markt befindliche Implantat hierfür ist die AdVance-XP-Schlinge der Fa. Boston Scientific, einem weichen Gewebeband welches den Schließmuskel nach oben verlagert und nach kurzer Einheilungsphase vom Patienten nicht mehr wahrgenommen wird. Vor der Operation werden Harnröhre und Schließmuskel über eine kurze Blasenspiegelung beurteilt. Hierbei lässt sich schon relativ zuverlässig vorhersagen ob ein gutes Operationsergebnis erhofft werden kann oder nicht.

Bei guter Patientenauswahl liegen die Erfolgsraten des Eingriffes etwa bei sehr hohen 90%. Nach Bestrahlung der Prostata ist die Erfolgswahrscheinlichkeit jedoch wesentlich geringer, und auch bei einer hochgradigen Inkontinenz (Harnverlust bereits im Liegen) sollte eher ein anderes Operationsverfahren in Erwägung gezogen werden.

Nach dem Eingriff sollte für einige Wochen körperliche Schonung gehalten werden, bis das Band gut eingeheilt wird. Nach 6-8 Wochen ist mit keinen körperlichen Einschränkungen mehr zu rechnen, auch gegen Radfahren oder Reiten bestehen dann keine Einwände mehr.

Künstlicher Schließmuskel

Bei einer hochgradigen Inkontinenz oder nach Bestrahlung bringen die verschiedenen Schlingenimplantate häufig keine befriedigenden Ergebnisse. In dieser Situation ist ein "künstlicher Schließmuskel" (artifizieller Sphinkter) das Mittel der Wahl. Hierbei wird eine flüssigkeitsgefüllten Manschette um die Harnröhre geschlungen, welche dadurch verschlossen wird. Zum Toilettengang kann die Manschette durch Druck auf eine kleine Pumpe im Hodensack entleert werden, welche sich dann nach etwa zwei Minuten wieder von selbst füllt und die Harnröhre wieder abdichtet. Bei den meisten Modellen wird zusätzlich ein kleiner Ballon seitlich über dem Schambein hinter die Bauchdecke implantiert, welcher den Druck im gesamten System aufrechterhält.

Aus diesem Angebot verwende ich  derzeit den AMS800 der Firma Boston Scientific, welcher sich seit über vier Jahrzehnten gut bewährt hat.

 

Ein artifizieller Sphinkter kann theoretisch bei nahezu jedem Patienten mit Belastungsinkontinenz mit Erfolg eingesetzt werden. Allerdings kann es unter bestimmten Umständen durch die relative Empfindlichkeit von Implantat und Harnröhre zu Defekten kommen, weswegen bei Katheterisierung, Blasenspiegelung oder auch Radfahren Vorsicht geboten ist.

kompressive Verfahren

Auf der Suche nach einer möglichst einfachen und universell einsetzbaren Operationsmethode wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Ballons, Netze und Schlingenimplantate entwickelt, die einen konstanten Druck auf verschiedene Abschnitte der Harnröhre ausüben. Die meisten davon sind bis zu einem gewissen Grad nachjustierbar. Eine leichtgradige Inkontinenz kann hiermit häufig behoben werden, bei schwereren Formen ist zumindest eine erhebliche Besserung erzielbar. Da mit diesen Verfahren der körpereigene Schließmuskel nicht ersetzt, sondern lediglich unterstützt werden kann, muss eine gute Restfunktion gegeben sein. 

Aus dem zahlreichen Angebot verwende ich das ATOMS-Band der Vorarlberger Firma AMI. Hier wird der Druck auf die Harnröhre durch ein unter der Harnröhre gelegenes Kissen ausgeübt, welches bei unzureichender Wirkung über eine kleine Kapsel im Hodensack weiter mit Flüssigkeit befüllt werden kann, wodurch der Druck auf die Harnröhre erhöht wird.

Nach Prostata- oder Blasenentfernung besteht auch häufig eine Erektionsschwäche. Sollte diese auf Medikamente ungenügend ansprechen, ist die gleichzeitige Implantation eines Schwellkörperimplantates möglich.